„Man spürt den Balkan-Sound, wenngleich Katerino Mome nicht den typischen, ungeraden Rhythmus vieler Balkanlieder hat.“
Wenn Victoria Vassileva an Katerino Mome denkt, dann sieht sie sich, etwa zehnjährig, mit ihren beiden Schwestern in einem Restaurant im bulgarischen Städtchen Smoljan auf dem Boden sitzen und singen: das Lied über die schöne Katherina, als Geburtstagsständchen für den Großvater. Gelernt hat sie es von ihrer um neun Jahre älteren Schwester – von klein auf ihr Vorbild, auch, wenn es um die Musik geht. Die große Schwester hat den beiden jüngeren viele Lieder beigebracht. Ihr nachzueifern und nachzusingen, bis die Lieder so klangen wie aus ihrem Munde – das war ihr größtes Vergnügen.
Victoria Vassilevas ganze Familie ist musikalisch: Der Vater ist Geiger, die Mutter Pianistin. Auch Vici, Studentin und angehende Übersetzerin, spielte bis zu ihrem 12. Lebensjahr Geige und begeisterte sich dann für den Gesang. Ganz wie der Opa, der im Chor singt, solange sie denken kann. Die Vassilevas kennen sich aus mit der bulgarischen Volksmusik.
Vici ist in Deutschland aufgewachsen. Sie ist in beiden Sprachen und Kulturen heimisch. Wenn sie von Bulgarien redet, dann glänzen ihre Augen, und ihre Stimme wird lebendig. „Ich empfinde es als etwas Besonderes, dass ich Bulgarin bin, und ich wünsche mir, dass andere Menschen dieses Land und seine Kultur kennenlernen. Es gibt dort so viel Schönes. Am wenigsten allerdings dort, wo die Touristen meist hingehen: Die Strände sind hoffnungslos verbaut. Schön ist es vor allem in den Bergen.“ Um die Berge geht es auch im Lied: das Pirin-Gebirge im Süden Bulgariens, das sich an die Rhodopen anschließt, ein bewaldetes Gebirge an der Grenze zu Griechenland. Die bulgarische Bergwelt hat ihr eigenes Liedgut hervorgebracht. Eine entfernte Verwandte von Vici ist rhodopische Sängerin. Ihr hat sie schon viele Lieder entlockt, seit sie sich intensiver mit dieser Musik beschäftigt.
Katerino Mome ist ein schlichtes, unbefangenes Lied – eine Liebeserklärung an die bulgarischen Berge und ihre schönen Bewohnerinnen: „Ich bin hübsch, Liebster, ich bin anmutig, Liebster, weil ich in den Bergen aufgewachsen bin.“ Man spürt den Balkan-Sound, wenngleich Katerino Mome nicht den typischen, ungeraden Rhythmus vieler Balkanlieder hat, sondern einem 2/4- oder 4/4-Takt folgt. Den Chören, die Katerino Mome einstudieren wollen, erspart das die Arbeit an den ansonsten eher ungewohnten Rhythmen. Wer die Möglichkeit hat, das Lied instrumental begleiten zu lassen, kann dazu etwa die Gaida, eine Art Dudelsack, oder den Tupan, eine große, mit Fell bespannte Trommel, einsetzen.
Das Bulgarische gehört zu den südslawischen Sprachen. Es hat mehrere Dialekte und ist mit dem heutigen Makedonisch eng verwandt. Worauf sollten Sängerinnen und Sänger bei der Aussprache besonders achten, damit das Lied authentisch klingt? Victoria Vassileva überlegt nicht lange: Dreh- und Angelpunkt sind die Vokale o und e. Beide werden grundsätzlich offen gesprochen: das o wie in Sommer, das e wie in nett. Beim e bleibt die Zunge zentral, beim o wird sie nach hinten genommen; bei beiden Vokalen ist die Entfernung zwischen der höchsten Stelle der Zunge und dem Gaumen sehr weit. Ein sinnliches m und ein offenes o und e: So bringt der Chor die Mome, das Mädchen Katherina, wahrhaft zum Klingen.
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